Gaby Schumacher

Zwiespalt

Wie nur ist es richtig?
Jedes Jahr einmal, eigentlich schon, solange ich überhaupt zurück denken kann, gibt es das Weihnachtsfest.

Die Vorfreude darauf ist verbunden mit teilweise krampfhaften Überlegungen bis hin zur schieren Verzweiflung mit Haareraufen. Was nur schenke ich Tante Emma? Die hat doch schon alles und was sie vielleicht doch noch nicht hat, interessiert sie garantiert auch gar nicht. Der Gedanke an Onkel Fritz erleichtert mir armen Möchtegern-Schenker die Seele leider auch nicht, sondern gibt mir fast den Rest. Dieser Bruder meines Vaters findet ja an allem etwas auszusetzen.

Die Hobbys der engsten Familienmitglieder kenne ich natürlich. Aber selbst da gerate ich ins Schleudern. Dummerweise haben die lieben(inzwischen erwachsenen) Kleinen ebenfalls schon alles. Und außerdem träumen sie fast ausschließlich technische Träume. Wenn meine geliebte Kinderschar diesbezügliche Insidergespräche führt, werde ich das Gefühl nicht los, vom Mond zu stammen. Nein, ich würde es höchstens nach detailliertester Anweisung wagen, in den Geschäften nach solcherlei Artikeln zu greifen. Sonst ginge das sowieso daneben.

Meine Nerven fangen an zu flattern. Weihnachten rückt immer näher. Inzwischen sehe ich dem Ganzen mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Irgendwie sträubt sich bei mir alles bei der Erinnerung an die wahre Geschenkeflut, die dann das Wohnzimmer überschwemmt. Ich atme jedesmal auf, wenn ich mich in den Raum hinein gekämpft habe. Vorsicht, rechts liegt noch ein kleines, unter einem Papierberg verborgenes Päckchen, wegen der riesigen Paketgeschwister einfach übersehen oder vielleicht sogar wegen Gabenübersättigung bewusst ignoriert?!

Ich beschließe, diesem Wahnsinn wird endlich ein Ende gesetzt. Ich spreche mich mit meinen Kindern ab. Siehe da: Sie teilen meine Ansicht, meinen doch tatsächlich, ob wir dieses Schenken auf Kommando nicht ganz abschaffen sollen. "Das hat mit Weihnachten absolut nichts mehr zu tun!", sagen sie.

Es stimmt zwar, jedoch...so ganz ohne Geschenke? Es wird uns eigenartig ums Herz werden. Es ist doch so schön, die Freude in den Gesichtern der Beschenkten zu sehen.

Schließlich einigen wir uns. Mit den riesigen Geschenken ist endgültig Schluss. Dieses Jahr werden nur Kleinigkeiten unter dem Baum liegen. Mit Wonne werde ich unser Wohnzimmer neu erkunden, ohne Gefahr zu laufen, alle drei Schritte wegen des entsetzten Schreies eines Kindes `Mama, pass auf, du trittst auf mein Handy Nr. 5`erschrocken zusammenzuzucken. Der Gabenhügel unterm Baum ist mit einem einzigen Blick zu erfassen. Das Auspacken dauert ganze zehn Minuten und wir haben anschließend doch tatsächlich Zeit füreinander, sitzen gemütlich zusammen. Keine Hektik mehr, weihnachtlicher Friede.

Ja,ja...Und dann wird es Heiligabend. Ich betrete das Wohnzimmer und schiele misstrauisch zum Baum. Haben sie sich alle an unsere Vereinbarung gehalten? Oder steht uns dasselbe Chaos wie im letzten Jahr bevor?

Ich traue meinen Augen nicht. Kein einziges Monsterpaket fesselt mein Auge. Stattdessen haben sich kleine und kleinste Päckchen um den Christbaum versammelt...bis hin zur Fensterfront.

Dieses Jahr belagert uns "nur" ein Riesen-Minipakete-Berg.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.12.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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