Ingrid Armstrong-Boehk

WEIHNACHTEN EINST UND HEUTE

Weihnachten diesseits der Meere. Heisser Sommer liegt überm Land.
Der Christbaum hängt traurig seine Zweige und verliert seine Nadeln viel zu schnell. Sein plastisches Ebenbild ist viel praktischer.

Elektrische Lichter ersetzen den warmen Schein brennender Kerzen.
Die knisternde Trockenheit des Landes warnt vor Feuergefahr.
Bunte Luftballons und grellfarbige Papierstreifen zieren die Räume.

Heiss brennt die Sonne.
Man sucht Erleichterung im Wasser, tummelt sich am Strand.
Auch hier steht vereinzelt ein traurig kleiner Baum im trockenen Sand.
Seine bunten Kugeln blenden grell im Sonnenlicht.
Der Besitzer röstet sich auf dem Badetuch.
Kinder brüllen nach Coca Cola und Eis, streiten sich um teure Weihnachtsgeschenke, die die Mutter ihnen schon letzte Woche direkt sus der braunen Einkaufstasche gab. Bierdosen und - flaschen liegen herum.
Die Hitze macht durstig.

Spät am Nachmittag trifft sich die Familie zum Weihnachtsessen.
Der Abend ist schwül und lang, as will einfach nicht dunkeln.

Der Inhalt liebevoll verpackter Päckchen wird schnell untersucht, dann zur Seite gelegt.
Kaum ein 'Dankeschön'.

Im Hintergrund tönen Weihnachtslieder aus dem Radio.
Niemand hört richtig zu.
Lautes Treiben und Lachen macht mehr Spass.
Der Alkohol macht sich bemerkbar.
Zungen werden lebhafter und laut.

Um Mitternacht stolpern die letzten davon.
Ruhestörendes Gröhlen, Diskutieren auf der stillen Strasse.
Ein letztes gebrülltes 'Merry Christmas' klingt sinnlos und verliert sich schnell.

im Haus ist es still geworden. Endlich.
Andächtig betrachte ich den kleinen Baum, den ich aus dem Garten holte und liebevoll schmückte.
Hatten sie ihn überhaupt gesehen?
Auf dem Tisch steht noch der bunte Teller mit Grossmutters hausgebackenen Plätzchen, so wie in früheren Jahren.
Auch sie erinnert sich noch.
Sie weiss wie gern ich sie immer ass.
Ich trete zum Kamin und lese noch ein:mal die zahlreichen Weihnachtskarten.
Darunter liegt eine Kassette, ein echter Weihnachtsgruss aus der alten Heimat.
Ich denke an die liebe Freundin, die mir mit diesem Geschenk mehr gab als alle Schätze der Welt:
einen Hauch des einst so stillen, friedlichen Festes.
Und meine Gedanken wandern traurig in die Vergangenheit.

Traum meiner Kindheit, weisse Weihnacht, wie weit liegst du schon zurück.
Schneebedeckte Landschaft, wie in Watte gehüllt.
Lange Eiszapfen hängen glitzernd von roten Dächern.
Lustiges Treiben auf den Hügeln. Kinder in gestrickten Handschuhen und Mützen tummeln sich lustig mit ihren Schlitten.
Die Oberfläche des gefrorenen Weihers ist zerkratzt von unzähligen Schlittschuhen, die immer wieder darueber rasen.
Der frische harziger Duft von Tannenzapfen haengt ueber ihnen.
Es dunkelt schon früh.
Die Kirchglocken ringsum im Tal läuten ihren melodischen Klang,
begrüssen und rufen gemeinsam die Weihnacht herbei.
Brennende Kerzen am reichgeschmückten Baum leuchten einladend durch die Fenster. Appetiterregender Geruch von delikatem Gebäck und gebratener Weihnachtsgans zieht durch alle Räume.
Kinder mit staunend grossen Augen erwarten freudig das Christkind. Im Kreise der Familie werden Weihnachtslieder gesungen und ehrfürchtig und fromm gedenkt man des Heilands Geburt.
Bunte Teller mit Äpfeln und Nüssen stehen schon auf dem Tisch und unter dem Christbaum häufen sich die Päckchen in rotem, grünen Weihnachtspapier.
Schneeflocken tanzen sanft durch die Lüfte, die Sterne glitzern in heiliger Andacht.
Aus der alten Kirche tönt ein froher, tausendstimmiger Chor,
verbreitet sich durchs ganze Land:
Oh du fröhliche, oh, du selige gnadenbringende Weihnachtszeit, Welt ging verloren…

Verlorene Jugend - verlorene Heimat-- verlorene Weihnachtstradition

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