Marco Moll

Das Mädchen mit den Schwefelhölzern



 
 
Es war eine eisige Nacht in erfrorener Landschaft. Der Frost des Mondes brennt durch die verlassenen Straßen an diesem Weihnachtstag. Jeder hat sich in seine warme Stube eingepackt und wartete auf die fröhliche Bescherung, das festliche Essen, das große Familienglück.
 
Nur ein verarmtes Mädchen, in schmutzige Lumpen gehüllt, zittert frierend durch die Gassen, mit ihren Schwefelhölzern und klopft an jeder Tür und fragt nach Herberge, damit sie in dieser eisigen Nacht nicht erfriere. Anzubieten hat sie nur die Schwefelhölzer. Doch die Menschen waren mit zu christlichen Dingen beschäftigt, als dass sie sich ihrer erbarmten. Sie wollten sich ihre Weihnachtsstimmung nicht verderben lassen, von der Armut und Erbärmlichkeit dieser Welt. Die lassen sie lieber draußen. Doch diese Nacht ist kälter als die anderen Nächte.
 
So zieht das verarmte Weisenkind, dass Vater und Mutter verloren hat, durch die verlorenen Gassen und findet kein Erbarmen, kein Essen, keine warme Stube, ja nicht mal einen Stall mit ein wenig Stroh, auf dem sie sich legen könnte, um sich am Atem der Tiere zu wärmen.
 
Sie ist völlig erschöpft vor der bitteren Kälte und hat die Hoffnung bereits aufgegeben. Es ist ja Weihnachtstag. Sie saß sich vor ein Haus und blickte durch das Fenster. Darin war eine glückliche Familie zu sehen, ein geschmückter Tannenbaum, vor dem sie Weihnachtslieder singen. Lieder vom Christkind, von unserem Heiland und Erlöser. Sie sah wie die Kinder freudig die reichlichen Geschenke auspackten. Sie sah die köstlichen Leckerein, die sie verschmachteten. Es ist ja Weihnacht, und da hat jeder froh zu sein. Denn das Christkind hat uns alle erlöst. Doch sie war sich keiner Sünde bewusst.
 
So ein festliches Essen hat das Waisenkind noch nie gesehen. Doch auch sie freute sich immer auf Weihnachten. Ihre Eltern hatten nicht viel. Geschenke konnten sie sich nicht leisten. Doch haben sie das ganze Jahr durch Betteln Geld gespart. Und so gab es am Weihnachtstag ein warme Mahlzeit, wenigstens einmal im Jahr, da man nicht von dem Abfall der reichen Leute leben musste. Und die Familie war glücklich zusammen und man freute sich das ganze Jahr über auf diesen Tag der Gemeinschaft. Nur am letzten Weihnachtstag nicht. Da sind beide Eltern an Tuberkulose gestorben. Nur sie hat überlebt. Und seitdem fristet sie ihr Dasein durch den Verkauf von Schwefelhölzern, damit es die Reichen auch schön warm haben in ihrer gutgeheizten Stube. Nur heute hat sie kein einziges verkauft.
 
 
Dem Kind friert es sehr. So sank sie in sich zusammen und hüllte sich fester in ihre zerfransten ungewaschenen Lumpen. Doch die Kälte wurde immer bitterer.
 
So steckte es eines ihrer Schwefelhölzer in Brand
Und träumte von Vater und Mutter. Sah ihrer beider Angesicht. Sah sie wie Engel zu sich fliegen und hörte ihre tröstende Stimme.
Das Kind hörte die Engel singen. Ihr Atem wurde ruhiger. So entschlief sie von ihrer Armut So lag sie da, bleich und starr, doch mit einem verträumten Lächeln im Gesicht. Und die Engel knieten weinend neben ihr und sangen das Lied von ihrem Tod.
 
In verlorenen Gassen
fanden wir sie
ein verirrtes Waisenkind
nackt und entblößt
und ihre Scham
von Maden zerfressen
 
Kraftloses Zucken
stinkt dahin
unter sternlosen Himmeln
Gefräßig und ihr Gedärm
erkaltet im Wind
 
Es wird ganz still
kein Atemzug
rührt mehr Leben
Kein Laut ist zu hören
nur die klirrenden Tränen
der Engel.
 
 
Heute blicke ich zurück auf diese schöne Weihnachtsgeschichte. Deshalb habe ich sie neu verfasst. In den Sternen sehe ich das Kind heute noch leuchten, erlöst, vollendet und befreit von seinem unsagbaren Leid. Die Menschen feiern die Geburt des Christkinds, doch haben sie das Christkind, das vor ihren Häusern so bitterlich erfror, nicht beachtet. Doch ich glaub an Dich, Du Sternenkind. Du erscheinst mir an jedem Weihnachtstag in meinen Träumen und bist mir Vorbild, das Leid zu ertragen und den Tod.
 
Du bist das wahre Christkind, nicht die Tannenbäume, nicht die Geschenke und nicht der Braten. und so widme ich Dir folgendes Gebet, gesungen von Engeln der Träume, damit die Welt Dich nicht vergisst in der Hast des umtriebigen Weihnachtsgeschäfts:
 
Sternenkind:
 
Sternenkind
fliegt durch unermessliche Räume
mit seinem Rosenschimmer
voll unendlicher Zukunft
erleuchtet es die Erde
mein Leben
mit himmlischen Duft
rührend
voller Huld
und erhabener Anmut.
 
Ach!
Nimm mich mit auf Deine Reise
in Deine Weiten
in Deines Feuers
wärmendes Bergen
und gib meiner Seele
ein Kuss
in dem sie Heimat findet
in dem Ort der Sehnsucht
getränkt
vom weiten Meer
das Dein Geist
mit erhabener Schönheit zeichnet.
 
So durchwehe auch mich
und hebe mich auf
in die Anmut
Deines Angesichts
und nehme mich
in Deine ewig-bergenden Arme
Du Stern der Nacht
Du Himmelkönigin
aus der Ewigkeit geboren
die Zeiten verwandelnd
ihren unstillbaren Verdruss
mit Deinem heißen Kuss
an ich glühendleicht
vergehen muss.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.09.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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