Im Himmel übte der Engelchor. Jedes Mal, wenn der Engel mit der Posaune seinen Einsatz hatte, hielt sich der Engeldirigent die Ohren zu. Der Klang der alten Posaune tat seinen empfindlichen Ohren weh.
„Die Posaune sollte verschrottet werden,“ sagte er ganz laut, und darüber erschrak der Posaunenengel. Er liebte sein altes Instrument. Jahrelang hielt er es in Ehren. Er putzte es regelmäßig auf Hochglanz. Auf ihm lernte er spielen.
Um den Dirigenten nicht unnötig zu erschrecken, setzte er ganz leise ein, damit keine schrillen Töne zu hören waren. Ja, der Posaunenengel beherrschte sein Handwerk.
Doch selbst damit war der Dirigent nicht zufrieden. Er bestand darauf, dass der Engel eine neue Posaune bekam.
Der Posaunenengel konnte sich jedoch von seinem alten Stück nicht trennen. Er flog abends aus der Himmelspforte und blies nach Leibeskräften seine Posaune. Er fand es himmlisch. So näherte er sich langsam der Erde. Ganz außer Puste beschloss er, sich in einer Kirche ein wenig auszuruhen. Er steuerte dem Kirchengelände zu und hörte wunderschöne Lieder, die aus dem Inneren der Kirche nach draußen klangen. Neugierig öffnete er die Tür, sah viele Menschen mit Liederblättern vor dem Altar stehen und hörte den Chor aus voller Brust singen. Es klang schön, und der Posaunenengel schwang sich auf die Empore. Er lauschte dem menschlichen Gesang, und es wurde ihm ganz warm ums Herz. Seine Posaune legte er neben sich. Es konnte ihn niemand sehen. Er war ja ein Engel.
Beim Lied „Tochter Zion“ hielt er es nicht länger aus. Er nahm seine Posaune und blies dazu so laut er konnte. Es klang gewaltig in der großen Kirche. Die Augen der Menschen richteten sich alle nach oben Richtung Empore, von der der wundersame Klang kam, während sie sangen. Als das Lied zu Ende war, blies der Engel noch ein Solo hinterher. Er war so selig. So etwas Schönes hatte er noch nicht erlebt. Die Augen der Sänger und Sängerinnen strahlten, und das gefiel dem Engel besonders.
Dann sah er, wie sie die Treppe emporstiegen. Sie wollten sehen, wer so himmlisch die Posaune beherrscht. Doch der Engel war verschwunden. Es blieb für die Menschen ein Rätsel.
Der Posaunenengel jedoch spielte im Himmelschor mit der neuen Posaune, die alte hob er auf, und jedes Jahr um die Weihnachtszeit fliegt er mit seiner alten Posaune auf die Erde, spielt heimlich in Kirchen und sorgt jedes mal für ein weihnachtliches Wunder.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.11.2003.
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