Hartmut Müller

Der Schrei

Überlegungen zu E. Munchs bekanntem Gemälde

Bei Vollmond, kurz vor Mitternacht,
hat es wieder BUMM gemacht,
das war der grimme Claaßen,
der einzige, der noch so spät
auf Sumpfhahn oder -hühner geht,
er kann es halt nicht lassen.


Claaßen, als ein Wassernumph,
pirscht durch Erlenwald und Sumpf,
pirscht lautlos ohne Strumpf und Schuhe,
stört die Natur nicht bei der Ruhe.


Bis halb drei hat er zu tun,
doch bleibt er wieder ohne Huhn,
und hat sich ganz umsonst gefreut
auf die geplante Köstlichkeit,
eingelegt von seiner Muhme
mit Kapern der Sumpfdotterblume,
mit Kalmus, Dost und Bibernelle,
mit Teufelswurz und Küchenschelle.


Die Mooruht gluckst,
es geht auf drei,
da hört er diesen stummen Schrei,
nur er allein, sonst niemand nicht,
aus wangenhohlem Bleichgesicht
seiner Frau, der Wassernymphe,
im Schuppenkleid und ohne Strümpfe,
die wollte sehn, was Nacht für Nacht
ihr Claaß hier draußen wirklich macht
und endlich ihre Arbeit tun
an dem von ihm erlegten Huhn.


Wie gewohnt seit Jahresfrist,
merkt sie, dass er ohne ist,
und schreit, was sie noch nie gemacht,
stumm ihren Hunger in die Nacht.
Und ein Maler tat ihn malen,
diesen Schrei, vor hundert Jahren.

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