Mona Santo

Der Duft von Orangen

Seit langer Zeit beabsichtige ich einige Rezepte mit Orangen auszuprobieren, die ich in den unterschiedlichsten Literaturquellen gefunden habe. Heute Abend habe ich mir vorgenommen, endlich meine Absicht in die Tat umzusetzen.
 
Zuvor stellt sich mir allerdings die Frage, wie viele Sorten es gibt und wo sie eigentlich ihren Herkunft haben. Aus verschiedenen Quellen habe ich dazu folgendes zusammengetragen:
 
Die Orange, auch Apfelsine (Apfel aus China) genannt, stammt aus China und ist im 15. Jahrhundert nach Europa gekommen, wo sie zunächst fast ausschließlich in Portugal angebaut wurde. Sie wächst meist an bis zu 3 Meter hohen, immergrünen und frostempfindlichen Bäumchen. Der Orangenbaum hat grüne, elliptisch zugespitzte, lederartige Blätter und treibt weiße, einzeln oder in Gruppen stehende Blüten aus. Es gibt mehr als 400 Sorten, die sich in Form, Farbe, Geschmack, Saft- und Kerngehalt unterscheiden, von denen aber nur 30 kommerziell vermarktet werden. Man unterscheidet bittere Sorten (Pomeranzen) und süße Sorten. Die süßen Orangensorten unterteilt man in 4 Gruppen, nämlich Blond- oder Rundorangen und säurefreie Orangen.
Die meisten Sorten, die von wirtschaftlicher Bedeutung sind, gehören in die Gruppe der Rundorangen. Blutorangen bilden sich, wenn extrem tiefe Nachttemperaturen herrschen. Ihr Aroma kann an das von Himbeeren oder Kirschen erinnern. Die säurefreien Orangen haben wegen ihres süßen Geschmacks nur lokale Bedeutung in kleineren mediterranen Gebieten. Sie sind hierzulande weniger beliebt, da sie zwar unglaublich süß sind, aber im Geschmack dennoch fade erscheinen.
 
Mir stellt sich nun die Frage, welche Orangensorte ich für meine Rezepte gekauft habe. Es sind schon mal süße Orangen und keine Blutorangen. Also kommen nur Navelorangen oder Blondorangen in Frage. Die auf dem Etikett des Beutels aufgezeigte Sorte gibt mir genaueren Aufschluss. Es handelt sich um spanische Navelinas.
 
Als erstes werde ich ein Rezept ausprobieren, das man als Beilage verwenden kann: „Gewürzorangen“
 
Ich studiere zunächst das Rezept und komme zu dem Entschluss, dass die angegebene Menge mir zunächst für einen ersten Versuch zu viel erscheint. Es sollen insgesamt 12 Orangen genommen werden. Ich reduziere meine Menge auf 3 und werde alle restlichen Zutaten entsprechend anpassen.
 
Als Erstes versuche ich die runden exotischen Früchte von ihrer Schale zu befreien. Dazu ritze ich mit einem Messer die Schale vom oberen Ansatz bis zum unteren Ansatz durch, wiederhole diesen Vorgang in geringen Abständen rund um die Frucht und stelle fest, dass diese Art vielleicht die Möglichkeit bietet die Schale wie Blütenblätter seitlich abzuziehen. Die Schale lässt sich so fächerförmig nach außen legen. Zu meinem großen Erstaunen habe ich damit sogar Erfolg. Meine erste Orange ist perfekt geschält und die Schale umgibt die Frucht wie ein Stern. Aber bei allem Sinn für Schönheit brauche ich die Schale nicht und muss sie leider entfernen.
 
Die Orangen sollen nach dem Rezept von ihrer weißen Haut befreit werden, um diese dann als ganze Frucht einzulegen. Diese Art scheint mir etwas aufwendig. Würde man sie in Scheiben schneiden, müsste sich doch noch ein viel besserer Geschmack erzielen lassen. Mein weiblicher Instinkt beschließt es einfach auszuprobieren.
 
Nachdem ich die Früchte geschält habe, schneide ich diese in circa 0,8 mm breite Scheiben und würde scherzend hinzufügen, dass es mit einer Architektengenauigkeit mit Sicherheit kein Zentimeter ist! Diese Tatsache spielt allerdings für das Rezept keine Rolle. Wenn Sie das Rezept ebenfalls ausprobieren wollen, teilen Sie die Früchte in Scheiben, die sich noch gut schneiden lassen und nicht zu dick erscheinen.
 
Ein weitere Orange presse ich aus, und stelle den Saft zur Seite. In meiner Küche breitet sich langsam ein Duft nach Orangen aus. Interessiert frage ich mich zwischendurch wie die Blüten der Bäume riechen und dass es ein wunderbares Erlebnis sein müsste, wenn ein Orangenbaum in voller Blüte steht.
 
Ich mache mich daran einen Kochtopf auf den Herd zu stellen und suche nach einem Flaschenöffner, um eine Flasche Weißwein zu öffnen. Der Versuch, die Flasche mit einem konventionellen Öffner zu entkorken, gelingt mir mit meinen weiblichen Händen perfekt. Vom Wein messe ich 300 ml ab und gieße ihn in den Kochtopf. Als weitere Zutaten gebe ich den ausgepressten Orangensaft, 100 ml Wasser, 100 gr. Zucker und eine halbe unbehandelte Zitrone in den Topf. Als Gewürze kommen eine Zimtstange, 3 Nelken, 3 Pimentkörner und die Spitze einer Chilischote hinzu.
 
Während das Ganze bis zum Kochen erhitzt wird, rührt meine Hand den Sud mit kleinen Kreisen im Topf um. Leichter Dampf steigt dabei empor und ich neige mich etwas näher über den Topf, um den Duft wahrzunehmen. Es riecht zunächst unbedeutend. Erst nach mehrmaligem Umrühren intensiviert sich der Geruch sehr angenehm. Es riecht leicht nach Zitrone und Wein. Nachdem der Sud aufgekocht ist, minimiere ich die Hitze. Mein weibliches Wesen ist neugierig geworden und versucht einen ersten geschmacklichen Test. Ich probiere den Sud mit einem kleinen Löffel und bin sehr überrascht. Er schmeckt etwas süß aber dennoch vorzüglich.
 
Die Menge des Zuckers sollte man bei einem nächsten Versuch reduzieren, aber sonst ist die Sache perfekt gelungen. Es übertrifft meine Erwartungen. Ein überaus feiner Geschmack. Dieses Rezept eignet sich durchaus, um ein weiteres Mal verwirklicht zu werden.
 
Meine geschnittenen Früchte haben mittlerweile einen Hauch von Orient in meiner Küche hinterlassen. Ihr Duft ist wunderbar und es riecht angenehm. Vielleicht habe ich noch einmal die Möglichkeit nach Marokko zu kommen, um zu prüfen, ob es auf einem orientalischen Basar ähnlich riecht. Ich stelle es mir jedenfalls so vor. Aber das Rufen der Marktschreier würde in meiner Küche jetzt noch fehlen.
 
Die Gewürzorangen sollen in verschließbare Gläser gefüllt werden, in denen sie zwei Wochen haltbar sein sollen. Da sie mit Sicherheit bald genüsslich verzehrt werden, entschließe ich mich sie in eine Glasschale zu geben. Nachdem die Scheiben in der Glasschale aufeinander geschichtet sind, werden sie mit dem noch warmen Weinsud übergossen. Es sieht optisch schon sehr appetitanregend aus. Um den Geruch zu intensivieren schwenken meine Hände die Schale und ich genieße den Duft, der aus der Schale aufsteigt. Ich prüfe den Geruch und halte inne. Es ist …  Der Duft von Orangen …
 
Um den Geruch zu bewahren, decke ich die Schüssel mit einem Teller ab. Es stellt sich mir die Frage, zu welchem Gericht man sie als Beilage reichen könnte. Sie sehen so erfrischend aus und ihr süßlicher Geschmack würde gut als Dessert passen. Vielleicht zu einer Eierspeise. Das scheint mir eine hervorragende Idee, die ich auch gleich verwirklichen könnte. Mir fehlt nur ein passendes Rezept.
 
Mir fällt mein marokkanisches Kochbuch ein, das griffbereit in der Küche steht. Ich durchblättere die Seiten nach einer Eierspeise. Das Kochbuch enthält viele farbenreiche Bilder von Speisen und typischen Objekten des Landes. Sie sind so fantastisch, dass man sich beim Durchblättern der Seiten schon fast in das Land versetzt fühlt. Es gibt einige Bilder über Märkte, auf denen Stände mit Gewürzen zu sehen sind. Einige Bilder zeigen die typischen Gegenstände des Landes wie bunte Teegläser und einen Samowar. In orientalischen Länder ist das Teetrinken noch mehr Kultur als bei uns, schade eigentlich, gibt es einem nicht eine gewisse Ruhe, einen Tee zu trinken? Vielleicht fehlt uns dieser Brauch in unserem westlichen, hektischen Kulturkreis, in dem wir immer in Eile und auf der Suche sind, vielleicht auch auf der Suche nach Ruhe.
 
Beim Durchblättern des Kochbuches entspannen sich meine Sinne. Allerdings ist das passende Rezept nicht dabei. Schließlich bin ich auf der letzten Seite des Buches angekommen. Zwischen der letzten Seite und dem Einband des Buches liegt noch ein Ausschnitt einer Zeitung mit Rezepten. Es handelt sich um verschiedene Crêpes-Rezepte. Das ist genau das Richtige, was zu den Orangen sehr gut passen würde.
 
Die Zutaten müssen für den Teig allerdings wieder reduziert werden, da für mich ein oder zwei Crepes reichen.
 
Die Zutaten für circa 2 Crêpes lauten wie folgt:
 
1 Ei
50 ml Wasser
50 ml Milch
½ Esslöffel Zucker
50 gr. Mehl
1 Prise Zimt
 
In einer Schüssel werden alle Zutaten mit einem Schneebesen zu einem feinen, dünnflüssigen Teig gerührt, den ich in eine Pfanne mit heißem Öl gebe. Die Masse verteilt sich zaghaft und fängt langsam an von einer flüssigen Form in eine feste Form überzugehen. Mein Versuch den Crepe zu drehen gelingt mir sogar. Ein leichter Kuchengeruch erhebt sich mittlerweile aus der Pfanne. Die Zubereitung des Crepes kommt mir überaus entgegen, da von mir Rezepte bevorzugt werden, die keine lange Zeit in Anspruch nehmen. Meinen fertigen Crepe schiebe ich auf einen Teller und lege ihn zur Hälfte um.
 
Von der Glasschale mit den Orangen entferne ich den Deckel um einige zu entnehmen.
 
Ein fantastischer Duft steigt aus der Schale empor. Er ist so intensiv und ich denke innerlich, dass mir dieses Rezept sehr gelungen ist. Ein Schmunzeln macht sich auf meinen Lippen breit. Ich beschnüffle bewusst diesen fantastischen Duft und atme tief ein. Er erinnert ein wenig nach Orangenlikör, aber irgendwie noch intensiver. Ich bin begeistert.
 
Um den Crepes gruppiere ich einige Orangen, reibe ein Stück Schokolade darüber und streue für das Auge noch etwas Puderzucker über das Ganze. Nun kann gekostet werden.
 
Während ich den Teller zum Esstisch trage, steigt mir immer wieder dieses genüssliche Aroma in die Nase. Ich probiere ein erstes Stück Orange. Der Genuss ist einfach genial. Es schmeckt leicht süßlich auf der Zunge. Der Geruch von Zimt ist zu wahrzunehmen. Der Wein hat auch seinen Beitrag zum wohlschmeckenden Erlebnis beigetragen. Das Fruchtfleisch hat den Wein intensiv angenommen und betört den Gaumen. Der Crepe erinnert an Besuche in Crêperien in Frankreich. Der Crêpe passt delikat zu den Orangen, die als Beilage einfach genial sind. Sie ist insgesamt sehr fruchtig und erfrischend.
 
Die Orangen sind so fantastisch, dass es keiner weiteren Durchführung eines anderen Rezeptes für heute bedarf.
 
Ein super gelungenes Rezept, dass man nachkochen sollte. Dann können auch Sie ihn erleben … , den Duft von Orangen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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