Hardy Schneck

Weihnachten in Stalingrad

                                             Weihnachten in Stalingrad

Nach den Aufzeichnungen des Frontsoldaten Alois Schmidt (Tagebucheintragungen)

23.12.1942.Die Front schweigt  nur vereinzelt hört man Kampflärm. In der eisigen Kälte (-33 Grad)
harren wir der Dinge. Erschöpft, ausgelaugt, hungrig und frierend starren wir aus den kalten
Fensterhöhlen hinaus in den grauen Tag. Heute morgen haben wir Glück gehabt. Eine 'Tante Ju'
hat uns zwei Verpflegungsbomben genau in unseren Stellungsraum abgeworfen. Kommissbrot,
Trockenobst, Konserven, Dosenschokolade, Fett, Zucker, Nudeln und Brennspiritus. Eine Bombe
enthielt sogar Kleingebäck und einen Gruß aus der Heimat: Ein Radio, einen Volksempfänger!
Mit Freude und voller Eifer wurden die 'Gaben' aufgeteilt. Das über Batterien betriebene Radio
wurde sofort ausprobiert und nach einigen Fehlversuchen, trafen wir auf den Soldatensender
Belgrad. Deutsche Stimmen, Frauenstimmen! Weihnachtslieder, Stimmen aus der Heimat! Wir
saßen schweigend davor, hier und da wischten sich die Landser die Tränen aus den Augen, Ein
jeder dachte an seine Lieben zu Hause.Stillschweigend aßen wir, eine Flasche Wodka (Beutegut)
machte die Runde. Der Kanonenofen spendete uns etwas Wärme dazu .
24.12.1942 18.00 Uhr. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:"In Stalingrad ist es
weiterhin ruhig." Es ist tatsächlich ruhig. Feiert der 'Ivan' etwa auch Weihnachten?Nein, das
kann nicht sein:Kommunisten und Weihnachten? Doch es bleibt ruhig. Ab und zu schlägt etwas
Störfeuer in die Häuserschluchten, in die schon völlig zerstörten Ruinen, hier und da steigt eine
Leuchtkugel in den eiskalten blauschwarzen Nachthimmel, erleuchtet für Augenblicke mit fahlem Schein
die Trümmerlandschaft, gespenstisch. Irgendeinem Kameraden war es gelungen, einen immergrünen
Buchsbaum aufzutreiben, den wir mit viel Liebe in einen Weihnachtsbaum verwandelten. MG Patronen=
gurte schlangen sich um das Bäumchen und  aus Silberpapier hatten wir Kugeln geformt und schmückten
ihn damit.Hindenburglichter, sorgfältig befestigt ersetzten die Kerzen. Und dann sangen wir zusammen
"Stille Nacht, Heilige Nacht" und manchem versagte die Stimme, der Tränen waren es zu viele. Doch was
war das? Das ewige Geplärre des russischen Propaganda Lautsprechers verstummte und statt dessen erklang
"Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter"... Wir waren sprachlos. Während wir dem
Gesang lauschten geschah es: Die Luft heulte auf, die Artillerie war aufgewacht, der Krieg hatte seine Atem=
pause beendet.

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