Andreas Gritsch

kein Weihnachtsmann vor Ort ?

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Kind durfte ich noch dem Nikolaus begegnen, der hatte aber nur an einem Tag im Jahr Dienst. Jeder Weihnachtsmann taugt jedoch als Werbefigur für einen ganzen Monat. Damals hatte ich noch den Traum, der beste Kumpel von Alf zu werden, heute versuch ich irgendwie Geld zu verdienen, um meine Schulden zu bezahlen.

 
Um die ganze Saison als Weihanchtsmann arbeiten zu dürfen, muß man sich bei einem Personaldienstleister bewerben. Eigentlich geht von denen die ganze Leiharbeit aus, aber zum Ende des Jahres hin bieten sie auch diese Art der Zeitarbeit an. Der Vertrag gilt als Festanstellung, aber als Verdienst beläuft er sich zu einem 400 Euro-Job, weil die aufwandsbedingten nicht zu kalkulierenden Zusatzeinnahmen, also das Trinkgeld, nicht berechnet werden. Ich konnte mir zuerst nicht vorstellen, wer dem Weihnachtsmann Trinkgeld geben sollte, hab dies aber schon am ersten Arbeitstag erfahren.

Ich wurde durch ein Losverfahren, als M3 eingestuft, das hieß Weihnachtsmarkt in drei Schichten zu je drei Stunden. Dazwischen eine halbe Stunde Pause, ohne das Kostüm ablegen zu dürfen. Dies war überhaupt das wichtigste, niemals von der Rolle zu gehen. So versuchte uns der executive-superviser des x-mas departments dieser Personaldienstleistung einzureden, niemals, aber auch wirklich niemals als echter Mensch den kleinen Menschen zu begegnen. Wir hatten eine Schulung von zwei Tagen mit diesem Typen.

Nun also mein erster Auftritt als Weihanchtsmann, ich war sehr nervös und dachte an die Darstellung von uns in irgendwelchen Filmen aus Amerika, da sieht man die ja immer trinken, rauchen und kotzen. Ich übernahm das Kostüm von meinem Vorgänger, der auch schon eine neun-stunden Schicht hinter sich hatte. Aber an diesem Tag war es wirklich sehr kalt, und das hab ich mir beim Überstülpen immer wieder eingeredet. Bevor ich aus der Tür trat, sah ich in den Spiegel und fand mich doch irgendwie ganz niedlich. Ja, und das hab ich mir dann versucht eisern einzubrennen.

Auf dem Weg zu meinem ersten Einsatzort sahen mich die Menschen an wie eine Erscheinung. Das ganze wirkte aber nicht bewundernd, sondern erwartend. Ich wollte irgendwas sagen, nett und lieb und eben so sein wie der Nikolaus in meiner Erinnerung, aber ich konnte nicht. Immer mehr sahen mich an und ich begann immer schneller zu gehen, obwohl es davor ja gar kein Entrinnen gab. Plötzlich schrie mich einer aus der Ferne an : "Hey, Weihnachtsmann, komm zu mir, hier gibts was zu essen". Die Stimme gehörte einem Standbesitzer, der offentsichtlich Lebkuchenwaldi hieß, weil es so auf der Holztafel über seiner Bude geschrieben stand. Er verkaufte dort aber nur fettige Mehlspeisen und sah japanisch aus. Ich ging zu ihm hin, während mir die Kinder ihre Hände reichten, und fragte was er denn wolle. "Ich geb dir einen Hunderter für die nächste Stunde, wenn du hier vor meinem Laden stehen bleibst", und drückte mir den Schein in die Hand mit einem gar wunderbar weihnachtlichen Lächeln.

Ich hab mir bei dieser Sache nicht viel gedacht, wie ich eben so bin. Blieb für eine Stunde, hörte mir die Wünsche der Kinder an und ging danach zum nächsten Stand. Eine junge Frau, mir schien sie aus einer afrikansichen Region zu kommen, verkaufte dort handgeschnitzte Christbaumengel aus dem Allgäu, lächelte mich wunderbar weihnachtlich an und streckte mir die Hand zum Gruß...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.12.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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