Tonia Drudo

Lucas Geschenk

Friedlich lag die Dunkelheit über
dem kleinen Dorf in Italien. Um diese Zeit war niemand mehr draußen. Alles
schlief.
            Nur Luca nicht. Der kleine Junge lag
in seinem Bett und konnte nicht schlafen. Denn morgen war Weihnachten. Aber es lag kein Schnee. Und Luca wollte unbedingt, dass es schneite.

            Plötzlich hörte er ein Geräusch von
draußen. Neugierig stand Luca auf und ging zum Fenster. Seine nackten Füße tappten über den alten verwitterten Holzfußboden. Durch die verschmutzte
Fensterscheibe schaute Luca nach draußen
und suchte mit seinen Augen die Nachbarschaft ab. Seine Augen weiteten sich als
er den Mann mit Bart und rotem Mantel entdeckte, der gerade nebenan ins Haus
eindringen wollte. Das muss der Weihnachtsmann sein, durchfuhr es Luca. Er hatte es doch immer gewusst,
dass es ihn gibt! Zufrieden stützte
Luca seine Ellenbogen auf der Fensterscheibe ab. Nach einiger Zeit kam der Weihnachtsmann wieder aus dem Nachbarhaus und
Luca konnte sein Gesicht sehen. Er
sah viel netter, freundlicher aus, als die nachgemachten Weihnachtsmänner,
allerdings strahlte er auch Autorität und Würde aus. Als nächstes
verschwand er gegenüber im Haus.
            Luca durchfuhr ein freudiger
Schauer, als der Weihnachtsmann wieder herauskam
und Luca wusste, dass sein Haus das nächste war.

            Aber der Weihnachtsmann ging
vorüber.

            Er ging zum nächsten Haus.

            Luca schien es, als würde ihm der
Boden unter den Füßen weggezogen werden. Eine Träne rollte ihm übers
Gesicht. Kaum merkend was er tat, nahm Luca seine Jacke und warf sie sich um.
Er rannte nach draußen.
            „Weihnachtsmann!",
rief er. „Weihnachtsmann!"

            Der Weihnachtsmann drehte sich um
und beobachtete den Jungen, der auf
ihn zu rannte.

                „Du hast uns vergessen! Du bist
an unserem Haus vorbeigegangen!", schluchzte Luca. Der
Weihnachtsmann zog ein mit Rentieren besticktes
Taschentuch hervor und reichte es dem kleinen Jungen, der sich kräftig schnäuzte. Beruhigend legte er Luca
seinen Arm um die Schulter.

            „Ich habe kein Päckchen für dich
dabei", sagte er langsam.

            „Warum?", fragte Luca. „Warum
hast du ein Päckchen für Maria von nebenan und für mich nicht?“
            „Luca. Ich habe etwas Besseres für
dich. Ich habe eine Botschaft für dich. Weißt du, dass Gott dich so lieb
hat und möchte, dass du bei ihm bist? Deswegen musste er als kleines Baby geboren werden, er, der heilige Gott. Das
ist sein Geschenk an dich. Du musst
es nur annehmen.“

            Luca schaute den Weihnachtsmann mit
großen Augen an. Die Nacht war sternenklar und legte einen Zauber über die
Szene.

            Dann sagte Luca schließlich: „Ich
will es annehmen."

            Der Weihnachtsmann lächelte und sagte: „Du, Luca, ich habe zwar kein
Päckchen für dich, aber vergessen habe ich dich nicht. Warte nur bis
morgen früh!" Dann drehte sich der Weihnachtsmann um und ging weiter. Ein
Hund bellte in der Ferne. Für einen Moment
war Luca abgelenkt und als er seinen Kopf nochmals wendete um dem Weihnachtsmann noch einen
Abschiedsgruß nachzurufen, war der
schon verschwunden.

            „Luca, wach auf! Wir haben
Weihnachten!", riss der Ruf von Lucas kleinen Schwester ihn aus dem Schlaf. Es war nur ein
Traum gewesen. Trotzdem sprang Luca
sofort aus dem Bett und rannte nach draußen, um zu sehen, ob es geschneit hätte. Traurig streckte er seine Hand aus. Alles
war noch wie am Abend zuvor. Doch was kitzelte Luca da auf seiner Handfläche?
Staunend betrachtete er die Schneeflocke
auf seiner Hand. Der Weihnachtsmann hatte ihn wirklich nicht vergessen.

Die kleine Flocke schmolz, aber das war nicht
schlimm, denn bald wirbelten tausend
andere Schneeflocken durch die Luft und verwandelten das Dorf in eine weiße
Zauberwelt.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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