Gaby Schumacher

Die Weihnachtsmänner-Osterhasenkonferenz (Verbesserung)

Bereits seit Ende der Sommerferien machte das Weihnachtsfest auf sich aufmerksam. Im Lebensmittelgeschäft Schleckerstube hielten die ersten Schokoladen-Nikoläuse, Engelsfiguren und Stoff-Rentiere schon mal das Regal für ihre bestimmt noch eintreffende Verwandtschaft frei:
„Wenigstens nen Sitzplatz brauchen die!“
„Was sollen wir eigentlich schon hier?“, gedachten sie sehnsüchtig des Friedens im Himmel.
„Manche Menschen haben bestimmt ne lange Leitung und merken es sonst nicht rechtzeitig, dass das Christkind bald Geburtstag hat!?“, mutmaßten die Rentiere.
„Die muss dann aber extrem lang sein!“
Die Nikoläuse schüttelten betrübt den Kopf.

„Rutscht mal ein bisschen! Da kommen schon die nächsten!“
„Ach herrje!“
Wenige Minuten später hockten die Nikoläuse wie die Ölsardinen in der Büchse nebeneinander. Die Engel waren aus Sorge um die empfindlichen Flügel auf die Rücken der Rentiere geflattert.
„Ohne die sind wir aufgeschmissen!“
Dort oben war es auch ein wenig luftiger und zudem behielten sie den Überblick, was sich im Laden tat. Die Rentiere hatten beileibe nichts dagegen. So konnten sie wenigstens die langen Beine ausstrecken.
Von Tag zu Tag drängelten sich mehr Leute ins Geschäft. Vor allem, wenn Kinder auftauchten, wurde es den Schokoladengesellen ziemlich mulmig:
„Die werden uns ja wohl nicht schon jetzt ... ?“
Doch zum Glück war die Vernunft der meisten Mütter trotz der nahenden Süßigkeitenfutterhochzeit noch nicht völlig ausgeschaltet und die Helfershelfer des Christkindes blieben dort, wo sie waren.

Dann brach der Advent an. Es wurde dermaßen eng auf dem Regal, dass einige der Nikoläuse einander auf dem Schoß saßen. Die Engel klammerten sich an der Mähne der Rentiere fest, die verzweifelt, um bloß nicht vom Regal zu plumpsen, die Beine verknoteten und ihren Schwanz mit dem des Nachbarn. Mittlerweile taten ihnen allen sämtliche Knochen weh.
„Sind nur noch ein paar Wochen!“, trösteten die Engel.
„Nuur??“
Und die sollten noch recht aufregend werden. Einige Tage später schleppten Verkäuferinnen nämlich Pakete mit Unmengen von Schokoladenosterhasen heran.
„Hääh?“
Was dann folgte, war einfach furchtbar.
„Frau Maier, meinste nich auch, dat säh lustig aus, wenn wir die zwischen die Nikoläuse setzen?“
„Frau Müller, fasste mal mit an? Kaffeepause is später!“
Beleidigt unterbrach diese den Plausch mit der Kollegin, strich das Minikleid glatt, trippelte langsam wie eine Schnecke auf den Stöckelschuhen herzu und half tatsächlich. Rücksichtslos stopften die Verkäuferinnen in jede Lücke einen Hasen. Den Rest der Langohren verteilten sie auf die Rentierrücken. Die Engel fürchteten erneut um ihre Flügel.

Fassungslos stierten die Nikoläuse auf die Hasen und umgekehrt.
„Das darf nicht wahr sein!?“
„Sind die verrückt geworden?“
Eindeutig waren die Menschen dem Umsatzknall erlegen. Skrupellos beleidigten sie die Weihnachtsmann- und Osterhasenehre und vermischten die beiden Feste. Hauptsache, sie würden sich in dieser heiligen Zeit - wenn auch auf ziemlich unheilige Weise - dumm und dämlich verdienen.
„Eine Frechheit!“, schimpften die Hasen.
„Unerhört so etwas!“, empörten sich die Nikoläuse.
Die Rentiere schwiegen, denn noch fehlte ihnen der völlige Durchblick. Die Engel dagegen erfüllten ihre Pflicht, zum Frieden auf Erden und somit auch in der Schokoladenwelt beizutragen:
„Ist doch gar nicht so schlimm. Die Kinder werden strahlen, weil sie nicht mehr bis Ostern auf die Hasen warten müssen.“

Aber wenn sie glaubten, damit die Schokoladengesellschaft besänftigen zu können, irrten sie sich gewaltig. Immer wütender meckerten Nikoläuse und Osterhasen herum und sogar die Rentiere kapierten, dass die Menschen etwas Ungeheuerliches im Schilde führten.
„Das dürfen die nicht! - Müssen wir den Kindern in Zukunft etwa Überraschungseier mit Weihnachtsmännern drin bringen?“
„Das wäre ja wohl das Letzte!!!“
„Wir werden uns wehren! “
„Und wie??“
„Wartet, bis die letzten Kunden verschwunden sind ...“, grummelte einer der Hasen. „Dann überlegen wir gemeinsam ...“
Er war der Fabrik ein wenig größer ausgefallen und deswegen wohl der Anführer der Langohrgesellschaft geworden.

Abends, als endlich Ruhe eingekehrt war, eröffnete jener Oberhase die Weihnachtsmännerosterhasenkonferenz mit den überaus klugen Worten:
„Uns muss unbedingt etwas einfallen!“
Immerhin dies war ihm dazu schon eingefallen. Alle dachten scharf nach und sogar die Rentiere wollten dabei helfen.
„Zerknittert euer Schokoladenpapierkleid. Dann kauft euch bestimmt keiner mehr.“
„Nee, bringt nichts. Das reißen die einfach ab und naschen weiter,“ erklärten die Nikoläuse.
Den Rentieren fiel leider nichts Besseres mehr ein und sie senkten traurig die Köpfe.

„Die kriegen einen Denkzettel, den sie niemals wieder vergessen werden!“
Wütend schlackerte der Oberhase mit den Ohren.
Die Engel befürchteten etwas sehr Unheiliges und ermahnten pseudo-heilig:
„Ihr wollt die Menschen doch nicht etwa beißen?“
Und sahen die Hasen zur Strafe dafür schon an den teuflischen Mistgabeln stecken.
„Nee, keine Sorge! - Denen vermasseln wir gründlich ihr Weihnachtsgeschäft! Ich hab auch schon die passende Idee!“

Während die Anderen noch verwirrt guckten, sprang der Oberhase vom Regal, flitzte durch den Gang davon, schlug einen Haken einmal nach rechts, dann zweimal nach links, stoppte in der Lebensmittelabteilung vor einem bestimmten Regal und grinste hämisch bis über beide Ohren.
„Na, denn los!“
Mir zwei riesigen Dosen bepackt hoppelte er wieder zurück. Seine Schokoladenkameraden, die Engel und auch erst recht die Rentiere trauten ihren Augen nicht. Hastig flüsterte der Oberhase ihnen seinen Plan zu, der allen ausnehmend gut gefiel.
„Wirklich hervorragend!“, lobten die Nikoläuse.
Die Rentiere nickten eifrig dazu. Nur die Engel hielten sich mit der Meinungsäußerung zurück, denn als himmlische Wesen durften sie sich nichts Unhimmlisches zuschulden kommen lassen.
Kurz darauf knisterte es deutlich vernehmbar auf dem Regal. Die Nikoläuse und die Osterhasen übten sich in regelrechten Gymnastikübungen, die Dosen leerten sich in Nullkommanix, danach knisterte es nochmals laut und daraufhin kehrte wieder Ruhe ein. Der Oberhase setzte sich zurück auf seinen Platz und alles schien zu sein wie vordem.

Am nächsten Morgen spurteten die Kunden in die Süßwarenabteilung.
„Mama, guck mal, Nikoläuse und Osterhasen! Kaufst du mir welche?“
„Eigentlich ... na gut!“
Strahlend biss das kleine Mädchen in die Schokolade, verzog das Gesicht und brüllte los:
„Mama, bääh, schmeckt das scheußlich!“
„Kind ,was redest du denn da?“
Die Mutter kostete:
„Iih!!“
Erbost marschierte sie zur Kasse.
„Unmöglich. So etwas überhaupt anzubieten! Probieren Sie mal!“
Immer mehr aufgebrachte Leute belagerten empört die Kasse, forderten ihr Geld zurück und rauschten hinaus.
„Hier kaufen wir nie wieder!!“
wenige Minuten später stand die Süßwarenabteilung Kurz darauf stand die Süßwarenabteilung verlassen dort und das Lebensmittelgeschäft Schleckerstube dann bald vor dem Aus.

Denn Salz auf Schokolade schmeckt einfach ekelhaft!!





















 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.01.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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