Weihnachten! Das Ereignis, dem sich das ganze Jahr entgegen
entwickelt, darauf hin zuläuft, darin gipfelt, als ein immer wieder-
kehrender kleiner, aber sicher eintretender Lebenshöhepunkt.
Aber worauf warten wir eigentlich? Auf die sich jährlich
wiederholende Geburt dieses Christkindes? Das uns dann
von einer aus Holz geschnitzten Figur entgegenlächelt?
Auf das Gefühl in unseren Herzen, das damit assoziiert ist und
in die früheste Kindheit zurückreicht? In der die Welt noch in
Ordnung schien, oder zumindest ein bisschen mehr als heute?
Ist es dieses Kind, das uns an unser eigenes Kindsein erinnert?
Ist es die Liebe, die diesem Kind zugeschrieben wird, als die
so bedingungslose, die uns aber auch in allen Kindern immer
wieder so anrührt? Diese so absolute, nach der wir uns im
Innersten ein Leben lang (zurück) sehnen?
Und das Kind, ist es nicht seinerseits auf eine solche Gegenliebe
angewiesen, verkörpert durch seine Mutter? Sehnen wir uns
nicht auch nach ihr, dieser sanftweichen, alles verstehend
verzeihenden, tröstlichen, mütterlich heilenden Liebe? Die uns
auffängt, wenn wir fallen? Die durch die Person der Maria
transportiert wird?
Wir wissen es nicht so genau, denken eigentlich auch nicht
darüber nach. Wir möchten diese Liebe einfach empfangen,
möchten, dass sie sich in unseren Herzen niederlässt, möchten
darin ein heilsames Seelenbad nehmen. Möchten einfach wir selbst
sein dürfen mit all unseren vermeintlichen Unvollkommenheiten.
Einmal im Jahr, an diesem einen Abend. Wenigstens einmal
für ein paar Augenblicke in diese Lebenswüstenoase eintauchen.
Nicht selten jedoch fällt dieser innere Zauber dem immensen
äußeren Aufwand zum Opfer, den wir im Vorfeld betreiben, um
eben jenen Zustand zu erreichen. Hätte es dieses Aufwandes
wirklich bedurft oder ist er vielmehr Ausdruck unserer verzweifelten
inneren Suche?
Und wenn wir es dennoch geschafft haben dort anzukommen, in
diesem Augenblick der Zauberweihnachtsliebe: Hört „es“ dann
damit auf? Ist das das Endziel? Ist das die Erfüllung?
So weit zu denken kommen wir meist noch weniger, denn allzu
schnell droht dieser Brunnen der Liebe wieder zu versiegen, und
„der Alltag“ holt uns ein. Oder wir ihn. Und schon schlagen wir
wieder unsanft auf dem harten Boden jener Realität auf.
So geht es dann weiter bis zum nächsten Mal ...
Ich möchte an dieser Stelle einmal innehalten und diesem
Zauber, dieser Liebe in meinem Herzen nachspüren. Diesem
wunderbar strömenden Gefühl in meinem Inneren, mit dem ich
mich doch jederzeit verbinden kann. Er, es, sie ist immer da.
Ganz tief in meinem Herzen schlummernd. Sie ist einfach da,
in mir, fragt nach nichts.
Und wenn ich ihr, dieser Liebe, Raum gebe, immer mehr Raum in
mir, dann genügt es ihr nicht mehr, „nur“ dort zu bleiben. Sie möchte
hinausströmen, hinaus in die ganze Welt, zu allen Menschen, zu
allem. Sie möchte vor nichts Halt machen, kann es auch gar nicht,
das ist nicht ihre Natur.
Die Natur von Liebe ist Leben, ist Bewegung.
Nur ich kann ihr Einhalt gebieten, dann verschwindet sie ganz
leise, ebenso wie sie gekommen ist, fällt in sich, in mir, zusammen.
Und ich verstehe: Weihnachten hat auch etwas, nein sehr viel, mit
mir zu tun. Es liegt an mir, ob ich diesen Zauber, diesen inneren
Reichtum, diese Liebe weitergebe oder „für mich behalte“.
Es ist wie ein Angebot, vielleicht auch wie ein Auftrag, den ich
annehmen darf, aber nicht muss. Ich kann entscheiden, sie
wieder in mir zu verschließen, dann hört sie auf zu fließen.
Für andere.
Und für mich.
© Mandalena (2011)
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.12.2012.
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