Christina Telker

Picks besieht sich die Erde

 
Picks besieht sich die Erde
 
Gerade war Vater Mond dabei am Himmel die Sternlein anzuzünden. Mit seiner alten Laterne kam er am Himmel entlang und zündete jedes Sternlein an, Abend für Abend. So konnte er sehen ob es seinen Sternlein gut ging und ob sie froh und munter waren.
Heute waren die Sternlein aufgeregt, sie konnten es gar nicht erwarten mit ihr Licht auf die Erde zu senden, denn heute war ein besonderer Tag. Auf der Erde war Weihnachten. Alle Sternlein kannten die Geschichte von ihrem Urahn der vor Zweitausend Jahren so hell strahlte, dass er den Hirten und Königen den Weg zum Jesuskind wies. „Ach ja“, dachten all die kleinen Sterne, „das wäre schön. So hell strahlen zu können, dass man von allen Menschen gesehen wird“. Aber sie waren so klein und so viele, da fiel ein Einzelner nicht auf. Und doch meinte Vater Mond jeden Abend, er kenne jeden seiner Sterne. Sicher wollte er sie nur trösten. Wo blieb er heute nur? Ach, da hinten kam er ja, gleich würden sie alle zur Erde leuchten und dem Weihnachtsfest der Menschen zusehen. Endlich waren alle Sterne mit ihrem abendlichen Licht versehen und Vater Mond begab sich in seinen großen Ohrensessel um ebenfalls das Weihnachtsfest auf der Erde mit zu erleben.
Picks, ein kleiner Stern, konnte gar nicht genug vom Treiben auf der Erde bekommen. Immer weiter lehnte er sich über den Himmelsrand und plötzlich, platsch, fiel er hinunter und landete unsanft auf der Erde. Eine große Tanne fing ihn auf. Sofort war der ganze Wald erhellt, so groß war seine Leuchtkraft. Aber Picks gefiel das gar nicht. „Autsch, mein Strahlenkleid hat einen Riss bekommen“, rief er empört. Als sich der kleine Stern von seiner unsanften Landung erholt hatte, dachte er bei sich, „wenn ich nun schon mal auf der Erde bin, werde ich mich bei den Menschen etwas umsehen und mir Weihnachten aus der Nähe betrachten.“
Er ließ sich von der Tanne gleiten und marschierte los. Nach einer Weile sah er ein Dorf. „Dorthin werde ich gehen“, nahm er sich vor. Schon bald kam er  an ein großes Haus mit einem hohen Turm. Es war strahlend hell erleuchtet und seine Türen standen offen. „Ich werde mal ganz vorsichtig schauen gehen“, dachte Picks. Doch als er um die Ecke schaute, war kein Mensch zu sehen. So wagte sich Picks noch etwas weiter vor. Immer weiter ging er in das Haus bis er vor einer Krippe stand. Menschengroße Figuren waren hier aufgestellt, so das Picks sich gleich dachte, „das ist das Jesuskind das dort in der Krippe liegt, so hat es Vater Mond beschrieben.“ Schnell ließ er ein paar seiner hellsten Strahlen in die Krippe gleiten. Als er sich umblickte um weiter zu gehen, sah er einen alten Mann sitzen. „Guten Abend, ich bin Picks, was machst du hier so alleine“, sprach er den Alten an. „Kleiner Stern, du bist wie ein Weihnachtswunder. Hier an der Krippe wie vor 2000 Jahren dein Urahn und nun unterhältst du dich auch noch mit mir!“ „Ich war zu neugierig und bin über den Himmelsrand auf die Erde gefallen, nun möchte ich mir euer Weihnachtsfest ansehen“, erklärte Picks. „Danke, das du bei mir vorbei kamst, du hast mir eine echte Weihnachtsfreude bereitet“, bedankte sich der alte Mann. Sternchen lächelte und lief weiter die Dorfstraße entlang, dort… erklangen da nicht Weihnachtslieder.
Eine Familie stand um den geschmückten Baum, die Kerzen leuchteten in die Dunkelheit. „Oh wie schön“, dachte Picks und wanderte weiter. „Dort drüben, dieses kleine Häuschen sehe ich mir noch an“, nahm sich das Sternchen vor. Wieder guckte es durchs Fenster, doch was es dort sah erinnerte nicht an Geschenke und Kerzen. Eine Mutter saß bei ihrem kranken Kind, die Angst hatte ihr Gesicht gekennzeichnet. Plötzlich sah sie ein Strahlen am Fenster. Traumversunken eilte sie dort hin und öffnete es. „Wer bist du!?“ Die Mutter meinte zu träumen. Wieder erzählte Picks seine Geschichte. „Komm ein wenig herein“, bat nun die Frau, „vielleicht gelingt es dir durch deine Strahlen mein Mädchen zu heilen. Schon seit Tagen liegt es so matt mit einer Lungenentzündung aber dies ins die schlimmste Nacht. Ich hoffe so sehr das es sie übersteht.“ Der Mutter liefen Tränen über die Wangen. „Gerne komme ich herein und halte ein wenig Wache. Bevor der Morgen graut,  muss ich jedoch zu meinen Geschwistern. Sonst verlöscht mein Glanz“, erklärte Picks. Nun stellte es sich an das Kopfende des Bettchens. Die Kirchturmuhr schlug die zweite Stunde des neuen Morgens, als Laura die Augen aufschlug, ihre Mutti umarmte und um etwas zu trinken bat. Jetzt entdeckte sie Picks und lächelte vor Freude. „Ein richtiger Weihnachtsstern“, rief sie aus und klatschte in die Hände. „Mein Mädchen hat es geschafft! Ich danke dir kleiner Stern, das du uns besucht hast!“ Wieder öffnete die Mutter das Fenster, damit das Sternchen seine Reise fortsetzen könnte.
„Nun muss ich mich aber beeilen“, dachte Picks, „was wird nur der alte Mond sagen wenn er mein zerrissenes Kleid sieht.“  In den meisten Fenstern waren die letzten Kerzen erloschen. Picks strebte dem nahen Wald entgegen.  „Dort ist noch Licht, da muss ich schnell noch einen Blick wagen“, nahm sich das Sternlein vor. Es hüpfte aufs Fensterbrett und sah eine alte Frau im Lehnstuhl die vor einer Kerze saß. Auch sie entdeckte gleich den kleinen Stern, der an seiner Leuchtkraft noch nichts verloren hatte.  „Mich besucht der Weihnachtsstern!“ Sie freute sich als sie ans Fenster trat. „Einen schönen guten Abend“, wünschte Picks. „Warum hast du nur eine Kerze angezündet, überall strahlen viele Lichter am Baum.“ „Ich bin alleine, da lohnt sich kein Baum. Mir genügt diese eine Kerze und die Gedanken an meine Lieben die schon längst nicht mehr auf der Erde weilen. Aber jetzt möchte ich mich an dir, kleiner Stern erfreuen. Das du zu mir gekommen bist, ist ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk!“ „So sehr freut man sich auf der Erde über mich kleinen Stern“, überlegte Picks, „eigentlich sollten wir jedes Jahr zur Weihnachtszeit die Erde besuchen.“ „Du hast dir ja dein Röckchen zerrissen“, entdeckte jetzt die alte Frau.  Picks erklärte wie es dazu gekommen sein. „Na dann komm mal schnell her, jetzt werde ich dir eine Freude bereiten. Schau mal diese Seide hat genau dieselbe Farbe wie dein Röckchen.“ Und schon saß die alte Frau und nähte. „War das ein schöner Weihnachtstag“, freute sich Picks als er sich von der alten Frau verabschiedete.
Im Wald angekommen, sah er gerade den letzten Mondstrahl, den Vater Mond auf der Suche nach dem Sternlein auf die Erde gesandt hatte. „Endlich habe ich dich gefunden. Wo warst du nur so lange?“ Vater Mond war etwas ärgerlich und hieß den kleinen Stern auf zu steigen. Dann fuhr er auf dem Mondstrahl schnell zum Himmel empor. In der nächsten Nacht erzählte Picks seine  Sternengeschwistern von seinen Erlebnissen.
© ChT

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.11.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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