Christine Wolny

Engel als Trostspender



Es herrschte im Himmel große Aufruhr. Wer sollte in diesem Jahr auf die Erde fliegen und den Menschen, die ihre Angehörigen beim Seilbahnunglück in Kaprun verloren haben, Trost spenden?

Jeder Engel hoffte insgeheim, nicht mit dieser schweren Aufgabe konfrontiert zu werden. Sie standen in langen Reihen nebeneinander, ihr Blick war auf den Boden gerichtet und ihre Gedanken waren gleich. „Hoffentlich fällt diese Aufgabe nicht auf mich“. Im Laufe der Jahre hatten die Engel schon ihre Familien auf der Erde, die sie betreuten. Kinder zu beschenken, die sie besonders in ihr Engelherz geschlossen hatten, gehörte zu ihren Lieblingsaufgaben.

Und nun sollte so eine traurige Aufgabe zu Weihnachten auf sie zukommen. „Nein, ich kann das nicht,“ sagte ein mutiger Engel ganz laut, und plötzlich meldeten sich mehrere Engel und stimmten zu. „Das ist selbst für uns zu schwer“, hieß ein Kommentar eines Engels. Sie wussten aber, dass für jede betroffene Familie ein Engel in der Weihnachtszeit, besonders aber am Heiligen Abend dafür sorgen sollte, diesen betroffenen Menschen zur Seite zu stehen.

„Wer meldet sich freiwillig?“, hörte man eine tiefe Stimme aus dem Hintergrund. Es wurde mäuschenstill. Man hätte wirklich eine Stecknadel fallen hören. Dann folgte eine lange Pause. Die Engel erhoben ihre Augen, sahen dem daneben stehenden Engel ins Gesicht und mit ihren sprechenden Augen fragten sie: „Du vielleicht?“ Doch auch der Nachbarengel antwortete nur mit einer lautlosen Frage. So konnte es nicht weiter gehen.

Wer besaß die Fähigkeit, den Menschen in ihrer tiefsten Trauer zu helfen? Wer konnte besonders gut trösten? Wer war imstande, die Seele der Menschen zu erreichen und ihnen wieder etwas Lebensmut zu geben, ihre Tränen zu trocknen, ihnen einen Weg aufzuzeigen, dass das Leben doch weiter geht. Wer kann die erstarrten Seelen behandeln? Wer würde das Herz der Menschen öffnen, um Kinder aufzunehmen, deren Eltern beim Unglück verstorben sind? Welcher Engel könnte Eltern trösten, die ihr Kind dabei verloren haben?

Jeder Engel fragte sich insgeheim, für welche Aufgabe er geeignet wäre. Und erst, nachdem sich ein Engel meldete, der in Engelskreisen als sehr schüchtern galt, war der Bann gebrochen. Nun wurde es laut. Viele Engel traten hervor und boten sich an, der eine für das, der andere für jenes. Schließlich besaß jeder Engel besondere Fähigkeiten. Nun wurden sie gefordert. Sie berieten sich unter einander, und Engel, die bereits ähnliche Aufgaben verrichtet hatten, gaben Ratschläge.

Es wurde ein Plan ausgearbeitet, dass kein trauernder Mensch alleine gelassen wird, und viele Menschen, ob alt oder jung, werden es spüren um die Weihnachtszeit und sich nicht erklären können, warum es ihnen trotz ihrer Trauer leichter ums Herz wird und es ihnen langsam wieder besser geht.

by Christine Wolny

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.11.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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