Christine Wolny

Er lächelte sein schönstes Lächeln




Der Engel hatte bis jetzt nur Aufgaben im Himmel zu erledigen. Dort hatte alles seine Ordnung. Wenn er etwas nicht konnte, brauchte er nur kurz mit seinem goldenen Handy zu klingeln und schon wurde ihm geholfen. Alles ging friedlich und ruhig zu, jeder hatte ein Lächeln im Gesicht und half gerne.

Doch heute sollte sich für ihn einiges ändern. Ein Engel schickte eine Nachricht von der Erde in den Himmel und forderte Verstärkung an. Er hatte einen besonders schwierigen Menschen zu betreuen und brauchte deswegen dringend Unterstützung. Die Wahl fiel auf ihn, und er war stolz darauf, denn es war eine große Ehre und auch eine willkommene Abwechslung, den behüteten Himmel verlassen zu dürfen.

Schnell holte er die selbstgestrickten Ringelstrümpfe und den Schal hervor, denn auf der Erde war es kälter. Das wusste er vom Erzählen.
Er zog sein Sternenkleid an, steckte sein goldenes Himmelshandy ein und ab ging es. Mit diesem Handy konnte er immer mit anderen Engeln Verbindung aufnehmen. Da konnte wirklich nichts passieren.

Auf der Erde war alles wunderschön weiß. Er teilte sich den Dienst mit dem anderen Engel. Am Anfang sollte er nachts wachen. Später sollte getauscht werden.
Stundenlang saß er am Fenster und schaute in den Sternenhimmel, während sein Schützling schlief. Am Tage konnte er in der Umgebung herum streifen, lernte viele Menschen und andere Engel kennen, und am Abend trat er müde und zufrieden seinen Dienst an.

Er nickte kurz ein, und da war es passiert. Er wurde von einem beißenden Geruch wach. Das Zimmer war voller Qualm. Wie konnte das passieren? Es fiel ihm ein, dass eine brennende Kerze am Bett seines Schützlings stand, auf die er eigentlich aufpassen wollte. „Ach Gott, ach Gott“, rief er. Was sollte er tun? In seiner Panik öffnete er auch noch ein Fenster, und durch die Luftzufuhr wurde der Brand größer.
Er tastete sich an das Bett, tippte seinen Schützling an, um ihn zu wecken. Der rührte sich gar nicht.

Zum Anrufen war keine Zeit. Er musste schnell handeln. Er schüttelte ihn mit seinen ganzen Kräften. Sein Schützling fing an zu husten und eilte durch die Türe nach draußen. Das war geschafft. Nun wusste er ihn in Sicherheit.

Mit Decken erstickte der Engel das Feuer und war so voller Eifer, dass er gar nicht merkte, wie seine wunderbaren Haare versengten.

Er schuftete die ganze Nacht, rettete, was noch zu retten ging, schaute ab und zu nach seinem Schützling, der friedlich im Wohnzimmer weiter schlief. Er hatte wohl gar nicht richtig mitbekommen, in welcher Gefahr er sich befand.

Als am Morgen seine Wachablösung kam, lachte dieser laut, als er den zerrupften Engel sah.
Spiralförmig standen ihm die Haare zu Berge, aber er lächelte sein schönstes Lächeln, denn er hatte seine Aufgabe gemeistert.

© C.W.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.12.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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„Krachen, Scheppern und dann gewaltiger Lärm, als ein schwerer Gegenstand an die Wand geworfen wurde. Oh verdammt, die Verrückte spielte drüben in der Küche schon wieder ihr absolutes Lieblingsspiel – Geister vertreiben. Gleich würde sie hierher ins Wohnzimmer stürzen, wo ich versuchte, in Ruhe meine Hausaufgaben zu machen. Und dann würde sie mir wieder lang und breit erklären, welches Gespenst gerade versucht hatte, durch die Wand zu gehen und sie anzugreifen. Ich hasste sie! Ich hasste dieses Weib aus ganzem Herzen!“ Die 13-jährige Eva lebt in einer nach außen hin heilen, kleinbürgerlichen Familie. Hinter der geschlossenen Tür herrscht Tag für Tag eine Hölle aus psychischer und physischer Gewalt durch die psychopathische Mutter und den egomanischen Vater. Verzweifelt versucht sie, sich daraus zu befreien. Vergebens - bis ihr ein altes Buch in die Hände fällt. Als letzten Ausweg beschwört sie daraus einen Teufel. Er bietet ihr seine Hilfe an. Aber sein Preis ist hoch...

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